Draviskos - Geschichtliche Daten

Eine analytische Abhandlung der Geschichte des Dorfes Draviskos würde den Rahmen dieser Präsenz sprengen, deswegen wird nachfolgend nur ein globaler Überblick mit Schwerpunkt auf den markanten Ereignissen präsentiert. Ausführlichere Informationen bietet das auf einer (leider nur auf Griechisch verfügbaren) Arbeit von Stelios M. Samoladas basierende E-Book "Die Geschichte des Dorfes Draviskos", welches unter der Rubrik Verschiedenes kostenlos heruntergeladen werden kann.

Der Rückblick auf die Geschichte des Dorfes Draviskos führt rund 3000 Jahre in die Vergangenheit zurück. Zwar bleibt der genaue Zeitpunkt der Entstehung unbekannt, jedoch wird der Ort schon ab ca. 700 v. Chr. erwähnt. Am Wahrscheinlichsten erscheint, dass Draviskos von Thraziern gegründet wurde. In diesem Zusammenhang als besonders erwähnenswert erscheint der Umstand, dass das heutige Dorfzentrum nur geringfügig vom Zentrum der ursprünglichen Ansiedlung entfernt liegt und der Name des Ortes abgesehen von zeitweise gebräuchlichen Variationen bis heute in der ursprünglichen Form erhalten blieb.

Die Widersprüche in diversen Quellen führen zu der Annahme, dass in der Ebene vor dem Höhenzug "Pangeon", wahrscheinlich im Bereich der heutigen Stadt Drama, ein Ort oder Gebiet gleichen Namens existierte. Unbezweifelt bleibt allerdings die Existenz des Ortes Draviskos in der Lage "Frangala" der Provinz Fyllida, und zwar direkt an der damaligen von / nach Amfipolis führenden Verkehrsachse, die später einen Teil der römischen Heerstraße "Egnatia" darstellte.


Politische Karte 336 v. Chr. Die Provinz Fyllida gehörte damals dem Gebiet "Eingegliedertes Mazedoniens" an.

Im Jahr 168 v. Chr. eroberten römische Truppen Mazedonien und zerschlugen somit endgültig das Mazedonische Königreich. Draviskos wurde der "Ersten Mazedonischen Provinz" mit der Hauptstadt Amfipolis zugeordnet. In der Lage "Frangala" ist bis heute ein gepflastertes Teilstück der bis Konstantinopel (Istanbul) führenden damaligen römischen Heerstraße "Egnatia" erhalten.

Bei der Spaltung (395 n. Chr.) des Römischen Reichs wurde Draviskos zusammen mit dem gesamten heutigen Kreis Serres in die 6. Provinz ("Illyrikou"), später "Thema Strymonas", des Byzantischen Reichs eingegliedert.
Das weitere Geschehen in diesem Gebiet ist von politischen Wirren, bewaffneten Konflikten und verheerenden Heerzügen wechselnder Eroberer gekennzeichnet. 1345 n. Chr. verwüsteten Serbische Truppen das Umland und eroberten schließlich die Stadt Serres.


Die "Themen"  desByzantischen Reichs (ca. 1000 n. Chr.).
Draviskos lag im  6. Thema (Strymonas).

Die schrittweise Umsiedlung der Einwohner von Draviskos in Richtung des Hügels "St. Athanasios" auf der nördlichen Seite des heutigen Orts Draviskos scheint bis Ende des 14. Jahrhunderts stattgefunden zu haben.

Im Rahmen der Expansion des Ottomanischen Reichs geriet schließlich auch die Provinz Fyllida unter türkische Herrschaft. Vom 15. bis Anfang des 20. Jahrhunderts war Draviskos "Tsifliki" (= Landgut) verschiedener "Agas" und Beis", mit Ausnahme der Periode 1840 - 1890, während der sich das "Gut Draviskos" im Besitz der (griechischen) Familie "Doumbas" befand.
Eine maßgebliche Entwicklung für die zu diesem Zeitpunkt praktisch unbedeutende Ansiedlung Draviskos stellte der Zuzug arbeitsuchender Familien dar, die bis dahin im weitläufigeren Gebiet umhergezogen waren oder aus umliegenden Orten nach Draviskos übersiedelten.


Blick auf Draviskos


Die Grundschule auf dem Hügel des St. Athanasios. Links unten im Bild erscheint das Gebäude der alten Getreidemühle.

Im Rahmen der internationalen Geschehnisse gegen Ende des 19. Jahrhundert entwickelten auch in der Provinz Fyllida bulgarische Partisanen ihre auf Umsturz bedachten Aktivitäten, bis im Jahr 1905 der aus Serres stammende Scharführer Doukas G. Doukas ("Kapitän Zervas") mit einer Truppe 20 bewaffneter Männer den Schutz der Provinz Fyllida und des Gebiets in der Ebene vor dem Gebirgszug "Pangeon" übernahm. Im Jahr 1912 stellte er dann eine "Befreiungstruppe" mit rund 100 bewaffneten Männern aus den umliegenden Dörfern auf und trug nachhaltig zu der Vertreibung der türkischen Besatzer aus den lokalen Dörfern und dem weitläufigeren Gebiet bei.

Der "Befreiungstruppe" des Douka G. Douka ("Kapitän Zervas") gehörten auch acht Männer aus Draviskos an:

  • Kamtsioris, Haideftos
  • Lykos, Konstantin
  • Boukouras, Konstantin
  • Boukouras, Lambros
  • Brountsios, Stergianos
  • Pantios, Dimitrios
  • Polymeris, Fotios
  • Tolios, Dimitrios

Während des 2. Balkanischen und 1. Weltkriegs geriet das Dorf Draviskos in den Jahren 1912/13 und 1916/18 unter bulgarische Besatzung, wobei Zerstörungen Plünderungen und Hinrichtungen stattfanden. Weiterhin wurden zahlreiche Bewohner des Dorfs Draviskos nach Bulgarien verschleppt und kamen dort in der Mehrzahl in Arbeitslagern um.

Im 2. Weltkrieg geriet Draviskos ab Mai 1941 bis Oktober 1944 zum Dritten mal unter das Joch bulgarischer Besatzer. Im September 1941 bombardierte sogar ein bulgarisches Flugzeug das Zentrum von Draviskos, wobei die Einwohner Kalliopi Selimi nebst ihren zwei minderjährigen Kindern Maria und Polychronis sowie die beiden Jugendlichen Wasilios Kuoikoglou und Wasilios Papadopoulos getötet wurden.

Zwar wendete schließlich der damalige bulgarische Bürgermeister von Draviskos das Schlimmste (sprich die Erschießung der Einwohner und die Zerstörung des Dorfes) ab, jedoch richteten die bulgarischen Besatzer schwere Zerstörungen an und verweigerten den Einwohnern Lebensmittel und allgemein jegliche Güter des alltäglichen Bedarfs, um sie zur Annahme der bulgarischen Staatsangehörigkeit zu zwingen. Die bis dahin von der Gemeinde geführten Archive wurden vollständig vernichtet.

Im 1. Weltkrieg aus Draviskos nach Bulgarien verschleppte Einwohner:

  • Adamtsos, Pashalis
  • Damgalis, Panagiotis
  • Dimtsos, Apostolos
  • Dimtsos, Georgios
  • Karastergios, Konstantin
  • Karastergios, Nikolaos
  • Kokos, Georgios
  • Kromydas, Georgios
  • Kandilas, Athanasios
  • Boukouras, Konstantin
  • Boukouras, Lambros
  • Tatos, Athanasios
  • Tatos, Georgios
  • Tatos, Konstantin
  • Tatos, Christos
  • Tolios, Dimitrios
  • Tolios, Stergios
  • Pantios, Ioannis

An der albanischen Front gegen Italien gefallene Soldaten aus Draviskos:

  • Boukouras, Wasilios
  • Tziogas, Theodor
  • Charalampoglou, Stylianos

Nach dem Zweiten Weltkrieg brach in Griechenland der Bürgerkrieg 1944 - 1949 aus. Auf lokalem Niveau terrorisierten selbsternannte "Partisanen" von ihren Standpunkten in den Höhenlagen des "Pangeon" aus auch das Dorf Draviskos, ermordeten sowohl bewaffnete als auch unbewaffnete Einwohner und richteten erhebliche Zerstörungen an. Bei einem Angriff im Jahr 1946 wurde die Schule in Brand gesetzt, weil dort zum Schutz des Dorfes ein Posten der "Horofylaki" (= Gendarnerie) stationiert war.

Der Zyklus der Wirren, Auseinandersetzungen und Zerstörungen während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts klang mit dem Ende des Bürgerkriegs aus. Politischer Fanatismus und gesellschaftliche Hetze prägte jedoch noch über Jahrzehnte die Gesellschaft und brachten auch die Bevölkerung des Dorfes Draviskos gegeneinander auf.

Von "Partisanen" getötete Soldaten:

  • Kalamaris, Ioannis S.
  • Kasapoglou, Grigorios
  • Kesidis, Sotirios
  • Kyrianakis, Dimitrios
  • Kyriosoglou, Anargyros
  • Makris, Theodor
  • Boudakoglou, Lambros
  • Pagonakis, Asterios

Von "Partisanen" getötete Polizisten:

  • Dewiskiotakis, Christos
  • Karakaisis, Georgios
  • Karastergios, Dimitrios
  • Darakis, Grigorios
  • Tsiobanos, Konstantin

Ein besonderes Kapitel in der Geschichte des Dorfes Draviskos beginnt mit der massenhafte Ankunft von Flüchtlingen aus Thrazien und Kleinasien. Trotz des massiven Widerstands der lokalen Bevölkerung wurden auf Betreiben der Flüchtlingsorganisationen und Behörden im Jahrzehnt 1920 zahlreiche Flüchtlingsfamilien in Draviskos angesiedelt, während die übrigen "Kleinasiaten" das benachbarte Dorf "Mavrolofos" gründeten.


Der östliche Teil der Siedlung der Kleinasier

Die über Jahrzehnte mehr oder weniger offen ausgetragenen Feindseligkeiten zwischen "Einheimischen", "Kleinasiaten" und "Thraziern" treten heutzutage nur noch selten zu Tage, jedoch besteht auch weiterhin die Differenzierung bezüglich der jeweilige Abstammung der Einwohner des Dorfes Draviskos.